Die unsichtbaren Helden: Geschwister von Kindern mit besonderen Bedürfnissen

In unserer Gesellschaft werden sie oft übersehen – die stillen Helden, die im Schatten ihrer Geschwister mit besonderen Bedürfnissen stehen. Der Begriff „Schattenkind“ hat in den Medien traurige Schlagzeilen gemacht und hinterlässt ein Bild von Verborgenheit und Unsichtbarkeit. Doch wir dürfen nicht vergessen, dass diese Geschwisterkinder keine Diagnosen tragen, sondern ein einzigartiges Leben führen.

Erinnerst du dich an deine eigene Kindheit? An die Freundschaften, die Abenteuer und die Herausforderungen, die du erlebt hast? Geschwister von Kindern mit besonderen Bedürfnissen machen ähnliche Erfahrungen, aber oft begleitet von einzigartigen Herausforderungen, die für die meisten von uns unsichtbar bleiben.

Schattenkinder der Gesellschaft

Lass uns genauer hinsehen, welche Belastungen Geschwisterkinder von Kindern mit besonderen Bedürfnissen erfahren. Diese Belastungen sind vielfältig und beeinflussen das Leben in vielerlei Hinsicht. Hier sind einige Beispiele und Geschichten, die verdeutlichen, welchen Herausforderungen sie sich stellen:

Beispiel 1:
Sarah und ihr Bruder Max

Sarah ist 12 Jahre alt und die stolze Schwester von Max, einem Jungen mit Autismus. Sarah hat gesehen, wie ihre Eltern sich Tag und Nacht um Max kümmern und sich Sorgen um seine Zukunft machen. Sie ist oft Zeugin von Max‘ Wutanfällen und spürt die Ängste und Sorgen ihrer Eltern. Trotzdem liebt sie Max von Herzen und hat gelernt, Geduld und Empathie zu entwickeln, die weit über ihr Alter hinausgehen.

Beispiel 2:
Jonas und die soziale Isolation

Jonas ist 15 Jahre alt und hat einen jüngeren Bruder mit einer schweren körperlichen Behinderung. Aufgrund der intensiven Pflegebedürfnisse seines Bruders konnte Jonas nicht an den Aktivitäten und Treffen mit Gleichaltrigen teilnehmen, wie es andere Jugendliche tun. Das führte zu Einsamkeit und einem Gefühl der Isolation.

Wenn auch Geschwisterkinder Hilfe benötigen

Geschwisterkinder von Kindern mit besonderen Bedürfnissen erleben nicht nur die positiven Aspekte ihrer einzigartigen Lebenssituation. Manchmal können sie internalisierende Störungen wie Ängstlichkeit und Depressivität entwickeln.

Hier sind einige konkrete Anzeichen, auf die Eltern von Geschwisterkindern achten sollten:

Anhaltende Ängstlichkeit oder Angstzustände, die den Alltag der Geschwisterkinder beeinflussen können
Sozialer Rückzug und Isolation von Gleichaltrigen
Anhaltende Traurigkeit oder Depression, die nicht altersgerecht ist
Schlafstörungen oder Albträume, die in Verbindung mit der Situation stehen

Wenn diese Anzeichen bei deinem Geschwisterkind auftreten, solltet ihr als Eltern in Betracht ziehen, professionelle Unterstützung in Form von Gesprächen mit Fachleuten, Erziehern und Lehrern sowie gegebenenfalls Psychotherapie oder Ergotherapie in Erwägung zu ziehen. Rechtzeitig Hilfe anzubieten ist entscheidend, um die psychische Gesundheit deines Geschwisterkindes zu schützen und seine Bewältigungsfähigkeiten zu stärken.

Chancen für Geschwisterkinder

Trotz der Herausforderungen haben Geschwisterkinder von Kindern mit besonderen Bedürfnissen auch besondere Chancen. Sie wachsen in einem einzigartigen Lernumfeld auf und entwickeln oft bemerkenswerte Empathie, Sozialkompetenz und Toleranz gegenüber Menschen, die anders sind.

Im Familienalltag ist es wichtig, die Bedürfnisse der Geschwisterkinder zu verstehen und zu berücksichtigen. Regelmäßige, festgelegte „Geschwisterkinderzeiten“ können dazu beitragen, die Beziehung zu stärken. Eltern sollten sich nicht überfordern und Unterstützung annehmen, um mit dem ständigen schlechten Gewissen als Eltern umzugehen. Die Aufklärung über die Besonderheiten der Geschwister sollte altersgerecht erfolgen, ohne ein Tabuthema daraus zu machen.

Rituale wie das „Schatzkiste“-Tagesabschlussritual oder das Erstellen von Weihnachtsbaumkugeln mit Erinnerungen können dazu beitragen, positive Momente zu bewahren. Offene Gespräche über Gefühle und Stärken in der Familie sind ebenfalls wichtig.

Trotz all der Sorgen und Nöte, die das Kind mit besonderen Bedürfnissen in dir als Elternteil auslöst, sollte im Familienverbund versucht werden, die Geschwister nicht zu vernachlässigen, ihre Belastungen zu erkennen und Unterstützung anzubieten. Gleichzeitig sollten ihre Chancen und Stärken gefördert werden, um eine positive Entwicklung zu ermöglichen. Der Familienalltag kann durch Kommunikation und Rituale bereichert werden, die die Bindung innerhalb der Familie stärken.

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Renate Weyrich

Renate Weyrich

Ich arbeite seit 20 Jahren als Ergotherapeutin mit Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien. Als Mutter eines Kindes mit Behinderung kenne ich die Herausforderungen, die eine Familie zu meistern hat.